Nepal
Das Phantom der Berge: Der Schneeleopard
Um wohl nur wenige Tierarten ranken sich so viele Mythen und Legenden wie um den scheuen Schneeleoparden (Panthera uncia). Fakt ist, dass die Großkatze in Hochgebirgen Zentralasiens an der Spitze der Nahrungskette steht und somit eine ökologische Schlüsselrolle einnimmt. Allerdings ist sie – wie so viele andere Tier- und Pflanzenarten – zunehmend gefährdet und viele Populationen sind rückläufig.
So schätzt die Weltnaturschutzunion (IUCN) den globalen Bestand auf nur noch ungefähr 3000 adulte Individuen. Zu den Gefahren, denen Schneeleoparden ausgesetzt sind, gehören der Verlust des natürlichen Lebensraums und des damit verbundenen fehlenden Nahrungsangebotes. Unter diesem Druck weicht auch der Schneeleopard auf die leichteste Beute aus: auf die Nutztiere der Menschen. Konflikte zwischen Tieren und Menschen sind also vorprogrammiert. Hier setzt das Forschungsprojekt der Georg-August-Universität Göttingen an, das durch ein Promotionsstipendium der Heinrich-Böll-Stiftung ermöglicht und in Zusammenarbeit mit der NGO ‚Global Primate Network Nepal‘ erfolgt. Die Akademie unterstützt diese Dissertation von Marc Filla, um auf diese Weise zum Schutz des Schneeleoparden beizutragen.
Die Ziele des Forschungsprojektes beschreibt Filla so:
„Es geht darum, die ökologischen Ursachen der Erbeutung von Nutztieren durch Schneeleoparden zu ermitteln und die Wirksamkeit diverser Herdenschutzmaßnahmen zu analysieren. Auf diese Weise sollen geeignete Management-Maßnahmen identifiziert werden, die ein nachhaltiges Zusammenleben von Menschen und Schneeleoparden ermöglichen und so zum Schutz der Großkatze beitragen.
Um die zentralen Forschungsfragen umfassend und wissenschaftlich fundiert zu beantworten, wurden im abgelaufenen Kalenderjahr zwei intensive Forschungsreisen in die Annapurna Conservation Area unternommen. Mit über 7600 Quadratkilometern Fläche – etwa dreimal so groß wie das Saarland – ist das Schutzgebiet das größte in Nepal, welches rund zehn Prozent des globalen Schneeleoparden-Bestands beherbergt. Im Zentrum der Forschungsarbeiten standen die Erfassung der Bestände der natürlichen Beutetiere des Schneeleoparden und Befragungen lokaler Nutztierhalter. Bei den Untersuchungen in bis zu 5300 m Meereshöhe liefen die Forscher allein mehr als 340 Kilometer entlang von sogenannten „Transekten“, beobachteten jeweils rund 2000 Blauschafe und notierten über 600 indirekte Nachweise von Schneeleoparden (beispielsweise sogenannte ‚scrapes‘, Spuren, Kot).
Im Frühjahr wurden zudem 180 Interviews mit lokalen Nutztierhaltern durchgeführt. Parallel zum forschungsorientierten Ansatz unterstützt das Projekt lokale Nutztierhalter bei der Beschaffung und Umsetzung spezieller Herdenschutzmaßnahmen. So wurden mit einem Teil der Projektgelder 15 solarbetriebene „Foxlights“ erworben und an Yak-Halter in den Ortschaften Naar und Phu verteilt. Diese senden nachts unregelmäßig Lichtsignale aus mit dem Ziel, Schneeleoparden und andere Prädatoren von Nutztieren fernzuhalten und diese somit auch vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen zu schützen.
Im Jahr 2020 sollen die Forschungs-arbeiten fortgeführt, auf benachbarte Regionen des großräumigen Projekt-gebietes ausgeweitet und damit weitere wichtige Daten gesammelt werden, um zum Verständnis und zur Lösung von Mensch-Schneeleopard-Konflikten beizutragen.“